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How Did I Get Here?

Kennen Sie „Over The Hedge“? Das ist ein Daily Comic Strip aus Amerika. Er hat es zu immerhin zu einem gut gelungenen Animations-Kinofilm geschafft, der in Deutschland „Ab durch die Hecke“ benannt wurde. Dank des Internets kann man die Strips heutzutage auch lesen, ohne sich diese gleich in Buchform kaufen zu müssen. In meiner Jugend war das noch so. Das muss dieser Fortschritt sein, von dem alle immer reden.

Vom 8. bis zum 13. April 2019 drehten sich die Strips von „Over The Hedge“ um Träume. Am 11. April schwebten dann zwei Protagonisten durch einen Traum während einer von beiden fragte: „Well… how did I get here?“ mit Sternchen. Das Sternchen deutete auf einen Kommentar um unteren Bildrand hin, in dem Stand „David Byrne intonation“ Also heißt es dann wohl eher „Well... how did I get here?“.

(Anmerkung: es gibt von dem Song auch eine wundervolle Version des Songs „Once In A Lifetime“ von den Muppets. Diese lässt sich auf YouTube finden, aber Vorsicht, die Version muss deutlich über zwei Minuten lang sein, weil man sonst zwei gute Gags verpasst.)

David Bryne, der Sänger und Songschreiber der Talking Heads, hat den Song übrigens so erklärt: „In den meisten Fällen leben wir unser Leben auf Autopilot und kommen zu einem Haus, einer Familie und einem Job und dem ganzen anderen Lebensumständen, ohne uns wirklich bewusst zu machen, wie wir dorthin gekommen sind.“

Und um diese Frage „wie bin ich hierher gekommen?“ soll es jetzt gehen. „Hierher“ meint jetzt wirklich diesen exakten Moment. Um nicht zu sehr abzuschweifen, lasse ich jetzt mal den Teil mit dem Urknall, der Entstehung des Sonnensystems, meiner Geburt, und so weiter aus und springe mal meinem ersten Kontakt mit einer Lesebühne.

Dieser erste sehr indirekte Kontakt zu einer Lesebühne kam zustande als Ninia LaGrande die Moderation der Kabarettbundesliga übernahm. Sie trug zum Anheizen des Publikums einen Text vor. Das hat mir so gut gefallen, dass ich nur wenige Monate später es geschafft habe, meinen Arsch hoch genug zu bekommen, um sie auch endlich einmal die Nachtbarden, ihre Lesebühne, zu besuchen. Dort lernte ich auch nach und nach ihre Mitstreiter kennen: Kersten Flenter, Johannes Weigel und Tobias Kunze. Kersten kannte ich schon vorher, weil er einige Lesungen organisiert hatte, bei denen ich zugegen war.

Anfang 2015 sehe ich einen Aushang in der Bürgerschule, wo auch der CCC seine Räume hat. Ein Poetry-Slam namens Nordstadtschnack wird veranstaltet. Von Tobias Kunze. Mit einem „wenn Du gehst, gehe ich auch“ habe ich Lena überzeugt mitzukommen. Es ging eigentlich ganz einfach. Die ganze Aktion wurde ein großer Spaß, obwohl ich letzter wurde. Aber das ist eine andere Geschichte, also das mit dem „letzter“. Danach war ich für mehrere Jahre auf fast jedem Nordstadtschnack mit dabei. Einfach, weil es mir Spaß gemacht hat. Ich hatte ein Publikum, das mir und meinen Ausführungen für fünf bis sechs Minuten aufmerksam gefolgt ist. Dafür war ich dankbar.

Es gab aber auch Sachen, die nicht so schön waren. Ein Poetry-Slam wird immer als Dichter-Wettstreit erklärt. Und genau da ist mein Problem: Wettstreit bedeutet auch gegeneinander. Das ich regelmäßig letzter wurde war für mich nicht wirklich schlimm. Ich hätte es schlimmer gefunden, wenn auf einmal meine Texte nicht mehr mich, sondern nur den Publikumsgeschmack widerspiegeln würden. Die Gespräche in der Pause und nach der Veranstaltung haben mir auch gezeigt, dass ich trotz meiner Platzierungen nicht schlecht war. Ich habe Leute erreicht, und mein Text war nicht vergessen, wenn der nächste auf die Bühne kam.

Was ich schlimmer fand war, dass es da unterschiedliche Meinungen gab, wie so ein Wettstreit aussehen könnte. Von mir, der froh war, dass die Türen nicht verriegelt werden mussten, um das Publikum auf ihren Plätzen zu halten, ging es bis zu den Leuten, die taktierten welchen Text man wann bringen muss, um möglichst weit oben zu landen. Für mich war das immer etwas unverständlich. Ich wollte einfach nur den Spaß. Hinter der Bühne mit den Leuten abhängen, auf der Bühne, wenn ich meinen Text vortrage, und danach, wenn wir meist im Extrakt versackt sind.

Ende Januar 2018 sitze ich bei Pit Noack in seinem Atelier. Wir diskutieren über diverse Projekte an denen wir arbeiten. Er erwähnt, dass er für den Keller III noch eine Möglichkeit sucht, regelmäßige Einnahmen zu generieren. Der Keller III ist eine von einem ehrenamtlichen Kollektiv betriebene Galerie, in der auch öfters Konzerte stattfinden. Ich kannte ihn unter anderem von einem Vortrag, den ich dort gehalten habe.

Ich erinnere mich an den Nordstadtschnack und die Nachtbarden. So etwas kombiniert würde ich gerne mal machen und meine „ich könnte eine Lesebühne machen“. Er überlegt kurz. Viel zu kurz und meint dann: „ja, mach mal“. Oh. So einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt. Wir müssen uns beide noch rückversichern, dass das wirklich passt, aber eine Woche später gibt es dann die die Zusage und einen Plan.

Wir machen eine Art Generalprobe im Februar und beschließen dann, ob wir weiter machen wollten. Pit schlägt den Samstag, den 17. abends vor. Ich schaffe es, ihn vom 24. zu überzeugen. So habe ich eine Woche mehr Zeit zur Planung und kann außerdem mehr Gäste mobilisieren: es ist mein Geburtstag.

Wie kalt das Wasser war, in das wir da gesprungen sind, ist erst später klar geworden. Pit und ich hatten unterschiedliche Vorstellungen, was eine Lesebühne überhaupt ist. Trotzdem: ich hatte eine recht konkrete Vorstellung von dem, was ich machen wollte. Wichtigster Teil darin: Lena. Lena hat Veranstaltungskauffrau gelernt und wird dafür schon sorgen, dass das Projekt nicht in den Boden gerammt wird. Kurze Frage an Lena per SMS: „ich habe eine Zusage eine Lesebühe zu machen, bist Du mir dabei?“ Die Antwort motiviert: „Auf jeden Fall.“

Lena und ich vereinbaren einen Termin für ein Planungstreffen. Aber es gab noch eine Adresse bei der ich mir Hilfe holen konnte. Ich konnte jemanden Fragen, der mit der Organisation von solchen Veranstaltungen viel Erfahrung hat: Tobias Kunze. Seine Tipps waren gut.

Außerdem kam noch Unterstützung von unerwarteter Seite: über den Flurfunk vom Keller III hatten wir eine Anfrage von einer Cora auf Teilnahme bekommen. Zusammen mit Thomas, den ich vom Nordstadtschnack kannte, hatten wir dann vier Leute für die Generalprobe zusammen.

Der Abend verlief gut und wir hatten Blut geleckt. Wir wollten, dass es weiter geht. Somit begannen die Planungen für eine regelmäßige Lesebühne. Ich hatte noch zwei Leute im Kopf, die ich gerne dabei haben wollte: Anna und Mara. Beide habe ich auf dem Nordstadtschnack kennengelernt. Anna traf ich im Apollo bei Desimos Mix Show und den Kontakt zu Mara stellte Tobi her. Bei der besagten Mix Show im Apollo trat auch Dagmar Schönleber auf. Da ich von ihr weiß, dass sie auch eine Lesebühne betreibt, habe ich mir dort auch Tipps abgeholt.

Und so trafen wir uns zu einem Gründungstreffen in der Lieblingsbar in Linden. Ich erklärte meine Vorstellung: eine Mischung aus den Nachtbarden und dem Nordstadtschnack. Von letzterem die Attitüde, das Amateure etwas machen können. Von den Nachtbarden den groben Ablauf und das gesellige Beisammensein. Als Termin den Sonntagnachmittag so schön bei Kaffee und Kuchen, so dass der Keller III da auch nochmal Umsatz machen kann. Das schwierigste war aber der Name. Er musste der zum Keller III passen, griffig sein, und - ganz wichtig - zu dem es auch eine freie Internet Adresse geben muss.

Und so wurden die Sonntags-Texter ins Leben gerufen. Am 8. April 2018 ging die erste regelmäßige Lesebühne von uns über die Bühne. Seit dem ist einiges passiert. Vorlesende sind gegangen, andere gekommen. Wir hatten jede Menge toller Gastleser. Mal mehr mal weniger Zuhörer. Der 23. Juni 2019 markiert das Ende dieser Ära. Im Keller III ist mittlerweile so viel los, dass es schwer wird, Leute zu begeistern, sich auch noch den Sonntag ehrenamtlich Dienst zu schieben.

Mit den Sonntags-Textern geht es aber weiter. Ab dem 15. September lesen wir monatlich im Sing-Sing, das ist der Keller unter dem TAK. Ich bin gespannt und freue mich drauf.

(gelesen Juni 2019 von SvOlli)

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